Verhinderungspflege
Zusätzliche Leistungen – Verhinderungspflege
Wenn Sie als Angehöriger einen Nächsten pflegen, tun Sie das aus Liebe. Sie tun es aber auch sieben Tage die Woche und oftmals rund um die Uhr. Auch Sie haben einen Anspruch auf einen Erholungsurlaub, brauchen einfach mal Zeit für sich, oder werden krank. Doch wer kümmert sich dann? Die Verhinderungspflege ist eine zusätzliche Leistung der Pflegekassen und soll pflegende Angehörige unterstützen.
Definition
Die Verhinderungspflege, auch „Ersatzpflege“ genannt, ist eine zusätzliche Leistung der Pflegekassen. Alle Pflegebedürftigen, die bereits in eine Pflegestufe 0 bis 3 oder einen Pflegegrad 2 bis 5 eingestuft wurden und seit mindestens sechs Monaten durch einen Angehörigen gepflegt werden, haben Anspruch auf Verhinderungspflege. Die rechtliche Grundlage ist in § 39 SGB XI definiert. Die Verhinderungspflege kann in Anspruch genommen werden, wenn ein pflegender Angehöriger vorübergehend verhindert ist und die Pflege in dieser Zeit nicht leisten kann.
Voraussetzungen
Um die Verhinderungspflege in Anspruch nehmen zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die pflegebedürftige Person ist durch den MDK in einen Pflegegrad zwischen 2 und 5 eingestuft worden. Für den Pflegegrad 1 besteht kein Anspruch auf Verhinderungspflege.
- Die pflegebedürftige Person muss bereits seit mindestens sechs Monaten durch einen Angehörigen gepflegt worden sein. Man spricht hier von der „Vorpflegezeit“. Diese muss nicht zwingend durch einen einzigen pflegenden Angehörigen erbracht worden sein: Die Vorpflegezeit wird auch anerkannt, wenn mehrere Angehörige an der Pflege beteiligt waren. Die Vorpflegezeit von sechs Monaten muss außerdem nicht unbedingt zusammenhängend erfolgt sein. Unterbrechungen dürfen aber maximal vier Kalenderwochen betragen.
- Die Pflege muss tatsächlich von Personen geleistet worden sein, die in der gesetzlichen Grundlage im Sinne der Verhinderungspflege definiert sind. Als Pflegepersonen gelten hier Personen, die den pflegebedürftigen Menschen nicht gewerbsmäßig gepflegt haben: Lebenspartner und Ehegatten, Angehörige, auch Nachbarn oder Freunde. Die Verhinderungspflege wird nicht geleistet, wenn die Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst, eine Pflegeeinrichtung oder sonstige gewerbsmäßige Personen geleistet wurde.
Leistungen, die erbracht werden
Bei der Verhinderungspflege im häuslichen Umfeld geht es ausschließlich darum, die Unterstützung in der Grundpflege und bei hauswirtschaftlichen Tätigkeiten zu gewährleisten, wenn die eigentlichen Pflegepersonen für einen begrenzten Zeitraum verhindert sind.
Die maximale Leistungsdauer ist auf sechs Kalenderwochen pro Kalenderjahr begrenzt. Der Leistungsanspruch pro Kalenderjahr beträgt 1612 Euro. Dieser Betrag kann sich auf 2.418 Euro erhöhen, da ein weiterer Betrag in Höhe von 806 Euro aus der Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden kann. Die Übertragung kann auch umgekehrt stattfinden und der Betrag für die Verhinderungspflege der Kurzzeitpflege gutgeschrieben werden.
Besonderheit der stundenweisen Nutzung
Die Anspruchsdauer von maximal sechs Wochen muss nicht an einem Stück beantragt werden. Verhinderungspflege kann auch tage- oder stundenweise in Anspruch genommen werden. Der Leistungsanspruch errechnet sich in diesem Fall anteilig am maximalen Leistungsbetrag.
Bei der stundenweisen Nutzung gibt es allerdings die Besonderheit zu beachten, dass Stunden nicht auf die maximale Leistungsdauer angerechnet werden. Einzelne Stunden werden lediglich auf den maximalen Leistungsbetrag angerechnet. Sie als Angehöriger sollten allerdings auch wissen, dass die Beurteilung hierfür anhand der Zeit vorgenommen wird, in der Sie selbst nicht verfügbar sind und die Pflege nicht übernehmen können. Sind Sie also einen ganzen Tag außer Haus und organisieren nur für zwei Stunden eine Verhinderungspflege, so wird in der Berechnung ein ganzer Tag zugrunde gelegt, welcher der maximalen Leistungsdauer angerechnet wird. Beanspruchen Sie also eine Verhinderungspflege für zwei Stunden, sollten Sie auch tatsächlich nur zwei Stunden verhindert sein, die Pflege selbst zu übernehmen.
Wer kann Verhinderungspflege erbringen?
Verhinderungspflege kann jede Person leisten, die sich dafür persönlich eignet. Bei der persönlichen Eignung liegen eher eigene Entscheidungskriterien der pflegenden Angehörigen oder der zu pflegenden Person zugrunde als gesetzliche Auflagen: Auch ein Nachbar kann also die Verhinderungspflege übernehmen, gute Freunde können das tun, auch entfernte Verwandte. Ein Examen oder Erfahrungen in einem pflegenden Beruf sind nicht notwendig. Falls Ihnen als Angehöriger dabei nicht wohl ist, können Sie die Verhinderungspflege auch in Form einer Kurzzeitpflege in einer stationären Einrichtung durchführen lassen. In diesem Fall können Sie die Maximalbeträge für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege zusammenfassen.
Sie sollten außerdem wissen, dass bei Verwandten bis zweiten Grades die Höhe des Maximalbetrags für die Verhinderungspflege auf das 1,5-fache des Pflegegeldes begrenzt ist. Verwandte bis zum zweiten Grad sind Kinder, Enkelkinder, Geschwister, Eltern oder Großeltern. Das gleiche gilt auch für verschwägerte Personen wie Schwiegerkinder, Stiefkinder, Stiefenkel usw., sowie für Pflegepersonen, die mit der pflegebedürftigen Person im gleichen Haushalt leben. Der Gesetzgeber geht in diesem Fall davon aus, dass die Pflege nicht gewerbsmäßig ausgeübt wird.
Darüber hinaus können allerdings noch weitere Erstattungen erfolgen für Aufwendungen, die durch die Verhinderungspflege entstehen. Wenn die Pflegeperson, welche die Verhinderungspflege übernimmt, Fahrtkosten auf sich nehmen muss, um die Verhinderungspflege zu leisten, oder ihr ein Verdienstausfall entsteht, können diese Kosten bis zum Maximalbetrag von 1612 Euro beantragt werden. Für Fahrtkosten mit einem privaten PKW werden 0,20 Euro pro Kilometer für die Berechnung zugrunde gelegt. Bei Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind die Belege einzureichen. Um auch den Leistungsanspruch aus der Kurzzeitpflege bis zu 806 Euro pro Kalenderjahr geltend machen zu können, müssen Sie Ihre Aufwendungen nachweisen können.
Wenn eine fremde, nicht verwandte oder verschwägerte Person die Verhinderungspflege übernimmt, kann der maximale Leistungsbetrag, anteilig für die Tage der Verhinderungspflege, ausgeschöpft werden. Darüber hinaus kann der Leistungsbetrag für die Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden.
Das Pflegegeld wird übrigens während der Dauer der Verhinderungspflege nicht gekürzt.
Was muss ich tun, um Verhinderungspflege zu beantragen?
Wenn Sie genügend zeitlichen Spielraum haben, um die Leistungen der Verhinderungspflege vorab zu beantragen, sprechen Sie mit Ihrer zuständigen Pflegekasse und beantragen Sie die Verhinderungspflege. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie heute schon wissen, dass Sie in drei Monaten selbst einmal Urlaub machen möchten.
Falls die Verhinderungspflege ungeplant organisiert werden musste, vielleicht, weil Sie selbst krank wurden oder aus beruflichen Gründen verhindert waren, können Sie die Verhinderungspflege auch rückwirkend beantragen.
Denken Sie jedoch vorab bitte daran, dass Verhinderungspflege nur dann erstattet wird, wenn die zu pflegende Person bereits eine Einstufung in mindestens Pflegegrad 2 erhalten hat.
Tipps und Hinweise
- Achten Sie auf Veränderungen in der Pflegebedürftigkeit: Sobald sich der Zustand der zu pflegenden Person verschlechtert und der Zeitaufwand größer wird, den Sie mit der Pflege verbringen, sollten Sie ein Pflegetagebuch führen. Darin notieren Sie jede Tätigkeit und den damit verbundenen Zeitaufwand, den Sie zur Pflege aufwenden müssen. Das gilt übrigens auch für Tätigkeiten, die nur eine oder zwei Minuten in Anspruch nehmen, denn diese addieren sich unter Umständen doch zu wesentlich höherem zeitlichen Aufwand. Mit dieser Grundlage sollten Sie rechtzeitig die Einstufung in einen höheren Pflegegrad beantragen, sofern es nötig wird.
- Denken Sie an die Möglichkeit der Kombination aus Verhinderungs- und Kurzzeitpflege. Sie können die Kurzzeitpflege für die Dauer Ihrer Abwesenheit in einer stationären Einrichtung organisieren und diese Kosten über die Leistungsansprüche aus Pflegesachleistungen, Pflegegeld, Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege abdecken. Die Kombination ist auch in Form von Tages- oder Nachtpflege oder durch die Beauftragung von einem ambulanten Pflegedienst möglich.
- Wenn Sie eine nicht verwandte Person mit der Verhinderungspflege beauftragen, sollten Sie mit dieser einen Vertrag schließen, denn: Damit die Verhinderungspflege nicht zur Schwarzarbeit wird, muss diese Person sich verpflichten, die Einnahmen aus der Verhinderungspflege steuerlich anzugeben und sich eigenständig zu versichern. Tun Sie das nicht und die Pflegeperson verletzt sich während der Arbeit, muss sie selbst die Folgen dafür tragen bzw. die zu pflegende Person.